laut OGH besteht ein ergänzender Unterhaltsanspruch gegen den Besserverdiener
In seinem Erkenntnis vom 17.09.2015, 1 Ob 158/15i, hat sich der OGH mit folgendem Sachverhalt befasst:
Ein 13-jähriges Kind wird abwechselnd, in Summe je zur Hälfte von seiner Mutter und von seinem Vater betreut. Der Vater verdient monatlich € 6.310,00, die Mutter € 1.583,00. Die Familienbeihilfe von € 136,20 wird ebenso von der Mutter bezogen. Der Vater gibt seinem Kind ein monatliches Taschengeld von € 50,00 und übernimmt monatlich Handykosten in Höhe von € 30,00. Es stellt sich die Frage, ob dem Kind ein Unterhaltsanspruch gegenüber seinem Vater zusteht.
Der OGH bejaht dies und begründet das damit, dass das Kind am höheren Lebensstandard des Vaters partizipieren soll.
Wie wird der Unterhaltsanspruch nun berechnet?
Bei einem 13-jährigen Kind ist von einem Unterhaltsanspruch in Höhe von 20 % der Unterhaltsbemessungsgrundlage auszugehen, wenn den Unterhaltspflichtigen keine weiteren Unterhaltspflichten treffen. Als Obergrenze gilt die sogenannte Luxusgrenze, die bei Kindern in diesem Alter beim 2 1/2 - Fachen des Regelbedarfs liegt, konkret bei einem Betrag von € 930,00 (2,5 * € 372,00 pro Monat). Würde das Kind also ausschließlich oder überwiegend von der Mutter betreut werden, müsste der Vater Unterhalt in dieser Höhe bezahlen.
Der OGH stellt allerdings fest, dass trotz Luxusgrenze zu berücksichtigen ist, dass die Mutter die Familienbeihilfe bezieht. Diese soll laut herrschender Rechtsprechung den Unterhaltspflichtigen steuerlich entlasten. Es kommt also zu einer Kürzung der Unterhaltsforderung.
Die Familienbeihilfe ist im Verhältnis der (fiktiv) zu ermittelnden Geldunterhaltsansprüche des Kindes gegenüber beiden Elternteilen aufzuteilen. Ausgehend von einem fiktiven Unterhaltsanspruch des Kindes gegenüber dem Vater und der Mutter im Verhältnis 3:1 ist die Familienbeihilfe im Umfang von 3/4 (€ 102,15) von € 930,00 abzuziehen, sodass der fiktive Unterhaltsanspruch gegenüber dem Vater rund € 828,00 beträgt.
Dieser Betrag ist nun - weil die Betreuung jeweils die Hälfte der Zeit im Haushalt der Mutter und des Vaters erfolgt, zu halbieren und dem halben Unterhaltsanspruch des Kindes gegen die Mutter gegenüberzustellen. Der so ermittelte Differenzbetrag ist Grundlage für die Bemessung des vom Vater zu leistenden Ausgleichsbetrags.
Der halbe fiktive Unterhaltsanspruch gegenüber dem Vater liegt bei € 828,00 / 2 = € 414,00, der halbe fiktive Unterhaltsanspruch gegenüber der Mutter bei rund € 162,00 (Anmerkung: streng rechnerisch bei € 158,30, der Rechenvorgang des OGH ist nicht exakt nachvollziehbar. Im Unterhaltsrecht gilt jedoch allgemein, dass nicht exakt zu rechnen ist, da auch die Prozentsätze wie auch die Luxusgrenze nur als Orientierungshilfe gelten und nicht gesetzlich vorgegeben sind). Es ergibt sich daraus eine Differenz von € 252,00, welche vom OGH auf € 260,00 pro Monat aufgerundet wird. Diesen Betrag hat der Vater zusätzlich zu seinen Betreuungsleistungen monatlich zu bezahlen.
Die Berücksichtigung des Taschengeldes und der vom Vater getragenen Handykosten ist im vorliegenden Fall laut OGH nicht möglich - die Übernahme dieser Kosten entspreche den gegebenen Lebensverhältnissen des Vaters. Der Vater erspare sich laut dem OGH durch seine eigene Betreuung ja immerhin den halben Unterhalt in Höhe von € 414,00. (Anmerkung: Dass dieser Ersparnis natürlich andere Kosten gegenüberstehen, scheint den OGH nicht zu stören.)