Überblick über aktuelle Gesetzesänderungen - Arbeitsrecht, Mietrecht, etc.

Im Eilzugstempo wurde das 2. COVID-19 Gesetzespaket am 20./21.03.2020 beschlossen und noch am selben Tag im Bundesgesetzblatt veröffentlicht, sodass es größtenteils mit 22.03.2020 (teils auch rückwirkend) in Kraft getreten ist. Die Bestimmungen werden großteils am 31.12.2020 wieder außer Kraft treten. Bis dann sind sie aber von großer Bedeutung.

Insgesamt 44 Gesetze wurden geändert. Hier ein Überblick über einige besonders wichtig erscheinende Änderungen. Wer Zeit und Lust hat, kann hier das gesamte Gesetzespaket studieren: 2. COVID-19-Gesetz - Bundesgesetzblatt.pdf

Telekommunikationsgesetz Ein öffentliches Warnsystem wird eingerichtet. Die Bundesregierung kann veranlassen, dass SMS mit öffentlichen Warnungen vor drohenden oder sich ausbreitenden größeren Notfällen und Katastrophen oder auch Aufrufe an alle Handynutzer versandt werden.

Arbeitsmarktservicegesetz Im Bereich Kurzarbeit werden den Dienstgebern abweichend zur üblichen Rechtslage auch die Sozialversicherungsbeiträge ersetzt. Der Dienstgeber zahlt seine Dienstnehmer in diesem System weiterhin zu 80 - 90 %, je nach Beschäftigungsausmaß werden dem Dienstgeber beinahe die gesamten Aufwände ersetzt.

Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz § 18b dieses Gesetzes sieht Sonderbetreuungszeiten im Ausmaß von 3 Wochen vor für Kinder bis zum vollendeten 14. Lebensjahr, deren Kinderbetreuungseinrichtung oder Schule geschlossen wurde. Ebendies gilt auch für Menschen mit Behinderung, deren Schulen oder Einrichtungen geschlossen sind. Ein Teil der Personalkosten werden dem Dienstgeber vergütet.

Bundesgesetz über die Festlegung von Fristen für Eignungs-, Aufnahme- und Auswahlverfahren an Universitäten, Pädagogischen Hochschulen, Einrichtungen zur Durchführung von Fachhochschul-Studiengängen, Fachhochschulen und Privatuniversitäten für das Studienjahr 2020/21 BMin Faßmann wird ermächtigt, durch Verordnung die Termine anzupassen, sodass durch die verzögerte Zentralmatura und andere Terminänderungen keine Probleme entstehen.

Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch (ABGB) In § 1155 ABGB geht es um die Bezahlung von Dienstnehmern. Grundregel ist, dass ein Anspruch auf Bezahlung auch dann besteht, wenn der Dienstnehmer zur Leistung bereit ist aber durch Umstände, die auf Seiten des Dienstgebers liegen, daran gehindert wird. Neu ist nun eine Regelung für Betriebe, die auf Grundlage des COVID-19-Maßnahmegesetzes teilweise oder gänzlich geschlossen werden. Auch hier besteht eine Lohnfortzahlungspflicht, auf Verlangen des Arbeitgebers müssen die Dienstnehmer aber in dieser Zeit Urlaubs- und Zeitguthaben verbrauchen. Dies gilt für alte Urlaubsansprüche und bis zu 2 Wochen des aktuellen Urlaubsguthabens, insgesamt nicht mehr als 8 Wochen. Sonderbestimmungen können Abweichungen von dieser Regelung enthalten.

Gebührengesetz Für Urkunden und Amtshandlungen im Zusammenhang mit der Bewältigung der COVID-19 Krisensituation gibt es eine Gebührenbefreiung.

Bundesabgabenordnung (BAO) Laufende Rechtsmittelfristen werden unterbrochen und beginnen mit 01.05.2020 neu zu laufen, ebenso wie Rechtsmittelfristen, die erst zwischen dem 16.03. und dem 30.04.2020 zu laufen beginnen würden. Die Abgabenbehörde kann abweichend davon neue angemessene Fristen festsetzen. Vernehmungen und mündliche Verhandlungen finden nur statt, wenn dies unbedingt erforderlich erscheint. Nach Möglichkeit sollen technische Kommunikationsmittel eingesetzt werden. Finanzminister Blümel wird ermächtigt, Fristunterbrechungen weiter zu verlängern und auch weitere Maßnahmen zur Verhinderung der Coronaverbreitung zu erlassen.

Zivildienstgesetz Ausdehnung der Zuständigkeitsbereiche von Zivildienern zur Sicherung der Aufrechterhaltung der kritischen Infrastruktur und der Daseinsvorsorge. Daneben können durch Landwirtschaftsministerin Köstinger weitere Dienstleistungsgebiete bestimmt werden, in denen Zivildiener eingesetzt werden können.

Härtefallfondsgesetz Ein Förderungsprogramm des Bundes soll ein Sicherheitsnetz für Härtefälle schaffen bei Ein-Personen-Unternehmen (EPUs), freien Dienstnehmern, Non-Profit-Organisationen sowie Kleinstunternehmen. Zuschüsse können gewährt werden. Die Abwicklung erfolgt über die Wirtschaftskammer entsprechend Weisungen des Vizekanzlers und verschiedener Minister. Vorerst werden eine Milliarde Euro bereit gestellt. Auch für land- und forstwirtschaftliche Betriebe ist eine Hilfe vorgesehen. Details zu den Förderungen ergeben sich aus dem Gesetz nicht.

Änderungen im Verwaltungsverfahren, im Verfahren der Verwaltungsgerichte und des VwGH und VfGH In Verfahren nach dem Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetz (AVG), Verwaltugnsstrafgesetz (VStG) und dem Verwaltungsvollstreckungsgesetz (VVG) - vergleichbare Fristregelungen wie in der BAO (siehe oben). Nicht betroffen sind Fristen nach dem Epidemiegesetz. Auch hier kann behördlich eine abweichende Regelung betreffend einzelner Fristen vorgegeben werden. Bei verfahrenseinleitenden Anträgen, die zu stellen sind, wird die Zeit bis zum 30.04.2020 nicht eingerechnet. Wie schon in der BAO ist auch hier vorgesehen, dass Verhandlungen und dergleichen nur wenn unbedingt erforderlich abgehalten werden und möglichst unter Verwendung technischer Kommunikationsmittel. Auf das Verfahren der Verwaltungsgerichte sind die obigen Regeln dann sinngemäß anzuwenden, wenn auf das jeweilige Verfahren zumindest auch das AVG anzuwenden ist. Ebenso gelten die obigen Regeln (Fristverlängerung, etc.) im Verfahren des VwGH und des VfGH.

Bundes-Verfassungsgesetz Die Bundesregierung kann Beschlüsse nun auch im Umlaufweg oder in einer Videokonferenz fassen. Die Möglichkeit der Beschlussfassung per Videokonferenz endet am 31.12.2020, Beschlüsse im Umlaufweg werden auch darüber hinaus zulässig sein.

Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungsgesetz In Zeiten, in denen die Arbeitszeiten bei 0 Stunden pro Woche liegen, sind keine Urlaubszuschläge zu entrichten.

Bundesgesetz betreffend Begleitmaßnahmen zu COVID-19 in der Justiz Auch in gerichtlichen Verfahren werden die verfahrensrechtlichen Fristen ertreckt: Fristen, die nach Inkrafttreten dieses Gesetzes zu laufen beginnen, startet tatsächlich erst am 01.05.2020, Fristen, die noch laufen, werden unterbrochen und beginnen mit 01.05.2020 neu zu laufen. Richter können Abweichungen festlegen. Ausnahmen bestehen für Verfahren nach dem Unterbringungsgesetz, Heimaufenthaltsgesetz, dem Tuberkolosegesetz und dem Epidemiegesetz. Sehr wichtig die Regelung des § 2 dieses Gesetzes: Die Zeit vom Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes bis zum Ablauf des 30. April 2020 wird in die Zeit, in der bei einem Gericht eine Klage oder ein Antrag zu erheben oder eine Erklärung abzugeben ist, nicht eingerechnet. Ein wichtiger Schutz vor dem Eintritt einer Verjährung! Wer Ansprüche geltend machen will, kann also noch etwas zuwarten - die Verjährungsfrist beginnt am 01.05.2020 jedoch nicht neu zu laufen! Zur eigenen Sicherheit empfiehlt es sich, dennoch rasch zu agieren und im Bedarfsfall ein Gerichtsverfahren einzuleiten! Mündliche Verhandlungen sollen nur in dringenden Fällen stattfinden, auch gerichtliche Erledigungen sollen nur dann abgefertigt werden, wenn die Zustellung der Gerichtsentscheidung zur Abwendung einer Gefahr für Leib und Leben, Sicherheit und Freiheit oder zur Abwehr eines erheblichen und unwiederbringlichen Schadens einer Verfahrenspartei dringend geboten ist. Erleichterungen gibt es bei Unterhaltsvorschüssen: sie setzen vorübergehend nicht voraus, dass bereits ein Exekutionsantrag gestellt worden ist. Justizministerin Zadic ist ermächtigt, im Bedarfsfall die Fristunterbrechung zu verlängern.

Auch Strafverfahren ruhen weitgehend. Ausnahmen gelten für inhaftierte Tatverdächtige: die Haftfristen der Untersuchnungshaft sind unverändert, auf Haftverhandlungen kann jedoch verzichtet werden, wobei dessen ungeachtet das Vorliegen der Haftgründe, des dringenden Tatverdachts und auch der Verhältnismäßigkeit der Untersuchungshaft streng zu prüfen ist. Besuchskontakte mit Häftlingen werden weitgehend eingeschränkt.

Insolvenzordnung Wenn die Voraussetzungen für eine Konkurseröffnung vorliegen, ist diese ohne schuldhaftes Zögern, spätestens aber 60 Tage nach dem Eintritt der Zahlungsunfähigkeit zu beantragen. Diese Frist wird im Zusammenhang mit Corona auf 120 Tage verlängert.

Exekutionsordnung Wenn nicht die Gefahr besteht, dass der Gläubiger schwer geschädigt wird, kann der Schuldner einen Aufschiebungsantrag stellen. Dies unter der Voraussetzung, dass der Schuldner wegen Corona in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten ist und dies zur Einleitung der Exekution geführt hat; weiters muss seine wirtschaftliche Existenz bedroht sein, wenn die Exekution (Zwangsvollstreckung) vollzogen wird.

Finanzstrafgesetz Fristenregelung wie in der BAO oder im Gerichtsverfahren, hier betreffend den Lauf der Einspruchsfrist, der Rechtsmittelfrist und der Frist zur Anmeldung einer Beschwerde. Ebenso gibt es auch in diesem Bereich Sonderregeln für mündliche Vernehmungen, technische Kommunikationsmittel sind nach Möglichkeit zu verwenden.

Zustellgesetz Zustellungen nach dem Zustellgesetz können vorübergehend abgegeben werden ohne dass der Empfänger den Erhalt bestätigen muss. Nach Möglichkeit ist der Empfänger schriftlich, mündlich oder telefonisch über die Zustellung zu informieren.

Beamten-Dienstrechtsgesetz Vertragsbedienstetengesetz Bei erheblicher Einschränkung des Dienstbetriebes über zumindest sechs Werktage kann Beamten und Vertragsbediensteten ein Verbrauch eines Alturlaubs im Ausmaß von bis zu zwei Wochen vorgeschrieben werden.

Gesellschaftsrecht Für Personen- und Kapitalgesellschaften, Genossenschaften, Privatstiftungen und Vereine wird geregelt, dass Versammlungen von Gesellschaftern und Organmitgliedern auch ohne physische Anwesenheit der Teilnehmer durchgeführt werden können. Die Justizministerin kann nähere Regelungen mittels Verordnung festlegen zur Sicherung der Qualität der Willensbildung.

Ärztegesetz Auch Ärzte, die (noch) nicht sämtliche Erfordernisse zur Berufsausübung vorweisen können, sind gemeinsam mit einem zur selbständigen Berufsausübung berechtigten Arzt für Allgemeinmedizin oder einem Facharzt zur Ausübung des ärztlichen Berufs ermächtigt.

Sanitätergesetz Auch hier vorübergehende Erleichterungen, um den Beruf ausüben zu dürfen. Weiters dürfen neu auch Abstriche aus Nase und Rachen durchgeführt werden.

Gesundheits- und Krankenpflegegesetz Vorübergehend wird für verschiedene Bereiche in der Gesundheits- und Krankenpflege eine Erleichterung in der Form eingeräumt, als bestimmte Nachweise nicht erbracht werden müssen.

Allgemeines Sozialversicherungsgesetz Bei Betriebseinschränkungen oder -schließungen werden Beiträge für die Beitragszeiträume Februar bis April 2020 zinsfrei gestundet. Für Unternehmen, die nicht geschlossen wurden, kann eine solche Stundung eingeräumt werden.

Stand: 25.03.2020 Autor: RA Dr. Clemens Ender