Motorrad Fahrverbote in Tirol - rechtswidrig

Die Medien haben hinlänglich berichtet: Seit 10.06.2020 ist es Motorradfahrern, deren Motorräder laut Zulassung ein Standgeräusch (einen sogenannten Nahfeldpegel) von mehr als 95 Dezibel aufweisen, nicht mehr erlaubt, im Zeitraum 10.06. bis 31.10. bestimmte Straßenabschnitte in Tirol zu befahren. Freilich handelt es dabei um bei Motorradfahrern besonders beliebte Alpenpässe.

Zwischenzeitlich haben sich erste Motorradfahrer bei uns gemeldet, über welche auf Grund des Befahrens dieser Teilstrecken Geldstrafen (meist mehrere hundert Euro) verhängt wurden.

Nach unserer Auffassung sind diese Geldstrafen mit hoher Wahrscheinlichkeit (letztinstanzliche und damit rechtskräftige Entscheidungen liegen dazu naturgemäß noch nicht vor) nicht zu Recht verhängt, da die zu Grunde liegenden Verordnungen der Bezirkshauptmannschaften verfassungswidrig sind. So ist etwa nicht nachvollziehbar, weshalb diese Verordnungen ausschließlich auf das Standgeräusch, nicht aber auf das (allenfalls geringere) Fahrgeräusch abstellen. Genausowenig nachvollziehbar ist, weshalb lediglich ein Wert in der Zulassung strafursächlich sein soll, nicht aber ein tatsächlicher Lärmpegel (der ohne Weiteres vor Ort messbar wäre) oder ein Wert im Typenschein des Fahrzeuges (der vom Wert in der Zulassung durchaus abweichen kann). Auch ist davon auszugehen, dass diese Verordnung dem sogenannten Gleichheitsgrundsatz, der in der Verfassung verankert ist, widerspricht, da sie nur einspurige Fahrzeuge mit einem Fahrverbot belastet.

All das führt unseres Erachtens dazu, dass diese Verordnung – und damit auch die Strafverfügungen – aufzuheben sind.

Es empfiehlt sich daher, den Strafbetrag nicht vorschnell zu bezahlen, sondern vorab zu prüfen, ob die Strafe tatsächlich zu Recht und auf Basis einer rechtsgültigen und verfassungskonformen Grundlage verhängt wurde.

Autor: RA Dr. Christoph Eberle